Vappu und die weißen Mützen

(G.Bernhardt) Wenn Helsinkis Straßen mit jungen Menschen bevölkert sind, wenn man überall weiße Mützen sieht, wenn gefeiert, gelacht und getanzt wird – dann ist Vappu-Zeit.

Die weißen Mützen

die weiße Mütze
die weiße Mütze

Wer in Finnland Abitur macht, erhält zum Zeichen des erfolgreichen Abschlusses eine weiße Mütze. Diese Mütze ist eigentlich ein Überbleibsel aus früheren Zeiten und war ein Teil der Studentenuniform. Seit 1852 kann man die Abiturprüfung in Finnland ablegen und bis zum Jahr 1917  war sie das Kriterium für die Aufnahme an die Helsinkier Universität. Heute kann man natürlich in allen größeren Städten Abitur machen und es gibt mehrere Universitäten im Land. Was aber immer gleich bleibt, ist die Überreichung der weißen Mütze zum Abschluss der Schule. Und diese Mütze ist der Stolz eines jedes Finnen mit Abitur. In den meisten Familien ist es üblich, dass ein professioneller Fotograf auch noch  ein Foto des stolzen Mützenträgers  macht, oft mit einer Rose im Vordergrund dekoriert. Diese Fotos sehen seit Jahren immer gleich aus und finden sich generationsübergreifend in vielen Familien. Die Mützen sind für ihre Besitzer sehr kostbar. Sie werden jedes Jahr zur Vappu-Feier getragen (manchmal auch am Nationalfeiertag)  und es spielt keine Rolle, ob der Träger 20 Jahre alt ist und erst kürzlich das Abitur bestanden hat, oder ob die Prüfung schon viele Jahre her ist. Die Mütze wird niemals gewaschen und so sieht man ihr an, ob sie schon viele Jahre auf dem Buckel hat. Je mehr Flecken auf der Mütze sind und je grauer sie aussieht, um so älter ist wahrscheinlich der Träger!

Die Waschung der Havis Amanda

Der bronzene Springbrunnen Havis Amanda, eine Plastik von Ville Vallgren, wurde 1908 am Rande des Marktplatzes in Helsinki errichtet. Laut Vallgren symbolisiert die 1906 in Paris  angefertigte Gestalt einer der Ostsee entstiegenen Jungfrau die Stadt Helsinki und ihre Geburt.

Die Statue der Havis Amanda steht am Marktplatz in Helsinki
(G.Bernhardt): Die Havis Amanda am Rande des Kauppatori in Helsinki

Die Statue erregte in der damaligen Zeit wegen der ausgeprägten Kurven und vor allem ihrer Nacktheit viel Aufsehen. Ärzte stellten zudem fest, dass die Anatomie der Figur so nicht stimmen konnte. Und die um Havis Amanda herum platzierten Seelöwen wurden wegen ihrer Exotik ebenfalls zum Stein des Anstoßes. Nichtsdestotrotz ist die Statue aus dem Stadtbild Helsinkis nicht mehr wegzudenken, denn sie hat jedes Jahr zu Vappu ihren großen Auftritt.

Menschen und Mützen - soweit das Auge reicht
Menschen und Mützen – soweit das Auge reicht

 

Besuchermassen auf der Esplanade
(G.Bernhardt): Auch auf der Esplanade schieben sich am Vappu-Vorabend die Menschenmassen durch die Straße

Wer an Vappu Helsinki besucht, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Die kleine Landeshauptstadt, die sonst einen eher leeren und gemütlichen Eindruck vermittelt, platzt am Vapunaatto, dem Vorabend des 1. Mai jedes Jahres aus allen Nähten. Überall stehen Menschen -mit weißen Mützen – dicht an dicht gedrängt, schieben sich langsam durch die engen Straßen und auch die Domtreppe ist bis zu den  oberen Stufenhinauf mit Studenten bevölkert. Die aktuellen Studenten erkennt man an ihren Overalls (Haalarit), deren verschiedene Farben und Abzeichen den einzelnen Universitäten bzw. Fachbereichen zugeordnet werden können.

Abzeichen einer Geologiestudentin
(G.Bernhardt): Diese Studentin studiert Geologie – wie man auf dem großen runden Abzeichen erkennen kann.

Alle sind fröhlich und freuen sich auf den Höhepunkt des Abends: Die Waschung der Havis Amanda. Die nackte Frau, die von den Studenten “Manta” genannt wird, rückt an diesem Abend in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Sie wird unter dem Jubel tausender Zuschauer zunächst “gewaschen” und bekommt anschließend eine weiße Studentenmütze aufgesetzt. Dies ist das Startzeichen für alle neuen finnischen Abiturienten und die Ehemaligen zum ausgelassenen Feiern in allen Kneipen und Straßen. Selten sind die Straßen voller als an diesem Tag und natürlich fließt auch der Alkohol.

Waschung der Havis Amanda
(G.Bernhardt): Studenten hängen am Kran an der Havis Amanda, um die “Waschung” durchzuführen

Vappu

Der eigentliche Vappu-Tag ist der 1. Mai. Er ist auch der Tag der Arbeit und ein Feiertag. Heute ist eher ein Frühlingsfest daraus geworden. Da viele von den Feiern des Vortages noch müde sind, ist dieser Tag eher beschaulich. Man trifft sich mit Familie und Freunden zum Picknick in einem der vielen Parks und verbringt einen gemütlichen Tag zusammen. Teilweise gibt es Veranstaltungen wie Paraden oder Konzerte.

auf zum Picknick
(G.Bernhardt): Auf zum Picknick!

 

Picknick im Park
(G.Bernhardt): Studenten treffen sich am 1. Mai zum Picknick im Park

Ein spezielles Getränk darf auch nicht fehlen: das Sima. Es wird aus Wasser, Zucker, Hefe, Zitronen und Rosinen hergestellt und ist ein sehr beliebtes traditionelles Erfrischungsgetränk an Vappu und auch im Sommer. Bei einer Gärzeit von höchstens einem Tag ist es auch für Kinder unbedenklich. Bei längerer Gärung steigt der Alkoholgehalt. Sima kann man in Finnland fertig kaufen oder man stellt es selbst her. Hier gibt es das Rezept.

Wem es möglich ist, Helsinki an Vappu zu besuchen, sollte die Gelegenheit einmal nutzen. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, inmitten der unzähligen weißen Mützen an diesem Ereignis teilzunehmen und die prall mit Leben und Fröhlichkeit gefüllten Straßen Helsinkis in der sonst eher ruhigen und beschaulichen Stadt einmal live zu erleben. Ein ganz anderes Helsinki!

Vielleicht waren Sie selbst schon einmal zur Vappu-Zeit in Helsinki? Hat es Ihnen gefallen? Oder waren Sie eher genervt? Berichten Sie uns doch von Ihren Eindrücken und Erlebnissen!

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